Wie kann ich Phishing erkennen und andere Email-Themen
Stand Nov. 2021 - Autor: Philipp Schaumann
Was ist Phishing
Unter Phishing versteht man Angriffe bei denen ein Benutzer dazu verleitet wird, etwas Unbedachtes zu tun und sich dadurch zum Opfer von Cyberkriminalität zu machen. (Phishing-Angriffe sind übrigens ein Spezialfall einer Technik, die man Social Engineering nennt.)
Viele täglich aktualisierte Beispiele von Phishing bringt die österreichische Website www.watchlist-internet.at. Sie geben auch Hintergrundinfos zu Themen wie Facebook Betrug, Abofallen, gefälschte Rechnungen, Handy Abzocke, Kleinanzeigen Betrug, etc.
Ganz wichtig zu wissen:
Schadsoftware holen Sie sich in 99% der Fälle selbst auf den Rechner oder das Smartphone. Bei modernen Geräten kann ihnen eigentlich nur etwas passieren, wenn Sie eine Aktion setzen, z.B. einen Anhang Aöffnen, auf einen Link klicken oder auf eine Website gehen die Ihr Gerät infiziert. Oder indem Sie einem Link folgen und dann dort ihren Benutzernamen und Passwort eingeben. D.h. solange Sie nichts tun, kann auch nichts passieren, alles ist unter Ihrer Kontrolle. Hier ein Beispiel aus dem US-Wahlkampf 2016: So einfach ließen sich US-Politiker hacken. Kurze Zusammenfassung: jeder große Angriff beginnt mit einem kleinen Fehler bei der Phishing-Erkennung.
Mittels Phishing sollen Sie dazu verleitet werden, einen Fehler zu machen und sich Schadsoftware auf ihr Gerät zu laden oder ihre Passworte zu verraten. Phishing ist nicht email-spezifisch, dies passiert auch oft in Social Networks und bei anderen Web-Aktivitäten.
Spear-PhishingDas ist ein Wortspiel und bezeichnet Phishing-Angriffe, die nicht breitflächig an beliebige zugekaufte Email-Adressen gehen, sondern ganz gezielt an Einzelpersonen oder an Mitarbeiter einer Firma. Ziel ist dann meist die IT-Geräte genau diese Person oder dieses Unternehmens zu infiltrieren, z.B. für Ransomware-Platzierung oder für Spionage-Zwecke. An anderer Stelle verlinke auf eine Liste der 16 häufigsten Sicherheitsirrtümer. Dort kommen auch die Themen Email- und Phishing-Irrtümer vor. Manchmal bekommt man ein Email, das anscheinend von der eigenen Mailbox versendet wurde, manchmal mit einer Drohung, dass das Konto gehackt wurde. Aber die Erklärung kann viel simpler sein. Hier ein Artikel von der empfehlenswerten Seite www.watchlist-internet.at die das alles erklärt: Ein Email von mir selbst. |
D.h. wo immer und wie immer man im Web unterwegs ist, überall lauern Fallen, in die man nicht tappen sollte. Die beiden wichtigsten Hilfsmittel sind ein sicheres Gerät, siehe weiter oben, und aktive Vorsicht, die, vor allem bei überraschenden Vorgängen, eine kleine Prüfroutine anlaufen lässt.
Es gibt 2 Grundarten von "bösen" und gefährlichen Nachrichten: Erstens solche mit Links und dann solche mit Anhängen. Hier zuerst mal die Behandlung von Nachrichten/Mails, etc. mit Links (URLs).
Das Mail sieht auf den ersten Blick aus, als käme es von Microsoft, dem Betreiber des Email-Service Outlook. Aber schauen wir mal genauer hin. |
Der Absender ist NICHT Microsoft, wie man erwarten sollte, sondern eine von Millionen kostenlosen Outlook-Adressen. Jeder kann diese Adresse anlegen. Wenn Microsoft ihnen schreibt, so kommt das von ......@microsoft.com Nächster Schritt: Wir schauen uns an, wo die Reise bei dem Klick hinführen würde |
Dafür nutzen wir den Mouse-Over-Trick. Die Mouse fährt (wie im Bild) über den Link und in der Fußzeile steht, wohin der Link führt. Nein, das ist NICHT Microsoft!! Das geht auf eine unbekannte Domaine "ow.ly". Sie können sicher sein, dass ihnen da was untergeschoben werden soll.
Hier noch der Link zu einer guten Anleitung zum Erkennen von Phishingmails die die Uni Wien erstellt hat. |
Drei Schritte zur Prüfung von Mails oder Nachrichten
Für Links, egal im Email oder in einer Nachricht, z.B. in einem Social Network, enthält die manuelle Prüfroutine z.B. folgende Schritte:
a) wie gut kenne ich den vermeintlichen Adressaten?
Falls ich ihn nicht wirklich kennen, bzw. keine Geschäftsbeziehung zu der Firma habe, dann Hände weg, nicht klicken, Dateien oder Emails löschen. Falls sie ihn gut kennen (und die Adresse wirklich stimmt) so müssen sie immer noch damit rechnen, dass sein Account gehackt wurde und der Link trotzdem gefährlich ist. Typisch ist z.B. dass von gehackten Facebook- oder Email-Accounts Notrufe versendet werden ("bin in London, alles Geld gestohlen, bitte überweise ganz schnell 300 Euro mit WesternUnion zu meinen Händen").
b) Wie plausibel ist der Inhalt der Nachricht?
Wenn ich kein Kunde dieser Firma bin, so wird mir diese Firma wohl auch keine Nachricht oder Rechnung senden, d.h. Hände weg. Wenn ich Kunde der Firma bin, und werde ich im Email persönlich angesprochen und der Inhalt bezieht sich auf eine Aktion die für mich plausibel ist, so darf ich das Öffnen eines Mails oder Links erwägen. Wenn ich aber nur den geringsten Zweifel an der Legitimität habe, so werde ich vorher das Helpdesk anrufen, bzw. ein Email an die Firma senden und mich vergewissern. Firmen denen die Sicherheit ihrer Kunden wichtig ist, senden keine Emails oder Nachrichten mit Links.
Und wenn der Inhalt einen drohenden Ton hat ("ihr account wird gesperrt falls sie nicht .....") so ist ganz große Vorsicht geboten. Auch dann große Vorsicht, wenn die Nachricht "too good to be true" ist, z.B. Lottogewinne wenn man nicht gespielt hat. Wenn es auch nur die Spur eines Verdachts gibt dass die Nachricht nicht legitim ist so rufen sie zuerstbei der ihnen bekannten Hotline/Helpdesk des Unternehmens an.
August 2018: Phishing wird gerade noch ein bisschen cleverer. Wir haben eine Zunahme von sog. Targeted Phishing mit persönlichem Password. Das gab es früher nur in Fällen, wo Personen gezielt als Opfer ausgewählt wurden, z.B. weil sie für eine bestimmte Firma oder Behörde arbeiten und diese Organisation angegriffen werden sollte. Jetzt gibt es dies in einer viel simpleren Form: Phishing, das die Adressaten mit ihrem Namen anspricht und sogar ein Passwort mitschickt, das der Person bekannt vorkommt. Woher haben die Angreifer den Namen und das Passwort? Kein Problem. Ständig lassen sich irgendwelche Firmen ihre Benutzerdatenbanken abnehmen. Diese Listen mit aktuellen Passworten sind käuflich und werden für solches Phishing verwendet. An anderer Stelle verlinke ich auf eine ständig aktualisierte Übersicht über Passwort-Verluste.
Hier ein Übersichtsartikel zu targeted phishing: 2018- The Year Targeted Phishing Went Mainstream. Gleich zu Beginn ein Link auf ein Beispiel das finanziell wohl sehr erfolgreich war: Erpressung durch Passwortdiebstahl und Masturbationsvideo. Fazit: selbst wenn der Adressat eines ihrer wirklichen Passworte kennt, so ist dies trotzdem mit 99,999% Wahrscheinlichkeit ein Massenphishing und hat mit Ihnen nichts zu tun, niemand hat ihnen beim Porn-Schauen zugesehen.
c) Wenn das Mail oder die Nachricht wirklich plausibel erscheint und ich schon fast bereit bin, auf den zu Link klicken, so schaue ich mir den Link genauer an.
Jetzt wird es etwas technischer.
Verlinkungen, d.h. URLs, prüft man auf einem Desktop oder Laptop VOR DEM KLICKEN mit dem sog. "Mouse-over", siehe Graphik links. Dafür führen sie in ihrem Web-Browser oder Email-Programm die Mouse über den Link, aber ohne zu klicken. Dann wird typischerweise in der Fußzeile des Browsers angezeigt, wohin der Link wirklich führt. Denn der Text des Links ist nicht immer das Ziel des Klicks).
Bei Smartphones funktionert diese vorherige Identifizierung des Ziels eines Links/einer URL ebenfalls. Wenn man den Finger auf dem Link (der URL) gedrückt hält, so erscheint nach kurzer Zeit ein Text der die wirkliche Verlinkung, d.h. die wirkliche URL, anzeigt. Bei Smartphones gibt es aber keine einfache Möglichkeit, sich das Zertifikat der Website anzusehen und von dem Link sehen sie manchmal nur die ersten Zeichen. Angreifer nutzen dies aus und simulieren Links, bei denen die ersten 10 Zeichen korrekt ausschauen, aber nicht relevant sind. Das eigentliche Ziel ist der Teil der direkt vor dem Slash (/) steht.
(Noch eine kleine Komplikationen: Bei Links werden oft URL-Shortening-Dienste verwendet, wie z.B. bit.ly. Um in so einem Fall das wirkliche Ziel zu finden müssen Sie auf die Seite des jeweiligen Dienstes gehen. Dort gibt es oft eine Möglichkeit, den verkürzten Link in die lange Form übersetzen zu lassen.)
Wenn das Mail oder die Nachricht behauptet z.B. von ebay zu kommen und das Mouse-over zeigt eine Adresse die nichts mit der Firma eBay zu tun hat oder auch Variationen wie http://ebay-helpdesk.ua oder http://ebay-helpdesk.com so ist bereits ganz klar dass der Link zu Schadsoftware oder Phishing führt (eine legitime ebay-Adresse könnte z.B. helpdesk.ebay.com sein - der Punkt statt Bindestrich zwischen helpdesk und ebay macht einen gigantischen Unterschied)
Jede wirkliche ebay-adresse würde immer die Zeichenfolge "ebay.com/" enthalten. Jeder kann eine Website registrieren, die irgendwo im Text ebay enthält, aber nur die Firma selbst besitzt die Adresse "ebay.com". Weiter unten gibt es mehr Beispiele dafür.
d) wenn ich neugierig bin und genügend Zeit habe, so kann ich den Text der Nachricht in eine Suchmaschine eingeben (mit dem Zusatz "scam") und dann finde ich sehr oft Geschichten von anderen Personen, die auf diesen Link hereingefallen sind.
Beispiele für korrekte und inkorrekte Internet-Domains
Leider sind die Fälschungen der Absender-Domains nicht immer so plump wie in den Bild-Beispielen oben rechts. Oft werden für solche Angriffe plausiblere Domains extra angemeldet (so eine Domain kostet nicht viel).
Was ist eine Domain?
Eine Domain ist der Namen einer Internet-Adresse. Firmen (und Privatpersonen) kaufen solche Domains und können sie dann als Adresse im Internet nutzen. "sicherheitskultur.at" ist eine solche Domain, oder "google.com" oder "microsoft.com". Wer der Besitzer der Domain google.com ist, der kann auch eine Web-Adresse support.google.com einrichten, d.h. eine sog. Subdomain. D.h. wer die Haupt-Domain besitzt, kann Sub-Domains davor setzen. Daher ist sicher, dass auch mail.google.com im Besitz von Google ist.
Aber was ist mit mail-google.com oder google-mail.com? Der Punkt hat in einer URL eine besondere Bedeutung, alle anderen Sonderzeichen sind Teil des Domain-Namens, z.B. hier die "-" (minus) im Namen. Diese Domains sind mit sehr großer Sicherheit NICHT im Besitz von Google. Diese Domains kann nämlich eigentlich jeder kaufen. Er kann langfristig Aauml;rger mit den Anwälten von Google bekommen, weil er evt. gegen Markenrecht verstößt. Aber bis dahin ist die Phishing-Kampagne längst vorbei und dann werden neue Domains gekauft.
Das Mail behauptet von FedEx zu sein. Falls sie nichts bestellt haben, so sollten sie es gleich löschen. Falls doch, so müssen sie sich die Nachricht genauer ansehen. |
Leider wird in diesem Fall nicht so bequem gleich die gefälschte Adresse präsentiert, aber nachdem man mit der Mouse über die Adresse fährt, so öffnet sich das Fenster und wir sehen, das Mail kommt von dandd@homesteadbk.com. Das klingt aber gar nicht nach FedEx. Da hat sich wohl jemand seinen Mail-Account wegnehmen lassen und der wird jetzt für Betrug verwendet. Damit ist eigentlich schon alles klar, aber wenn wir neugierig sind, dann prüfen wir noch den Link mit Mouse-Over: |
Nein, dieses Kauderwelsch ist sicher keine FedEx-Adresse. Hier noch mal in einem anderen Browser |
Nachrichten mit Anhängen
Anhänge, egal was da angeblich für eine Datei dranhängt, sind immer potentiell gefährlich und sollten nur in Ausnahmefällen geöffnet werden. Beispiele für solche positiven Ausnahmefälle sind z.B. Anhänge die sie explizit von dieser person oder dieser Firma angefordert haben, bzw. wo sie auf einem anderen Kanal, z.B. per Telefon eine Bestätigung für die Legitimität bekommen haben.
In allen andern Fällen ist Vorsicht angesagt. Es gibt nur wenige Dateien, bei denen Schadsoftware mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann. viele Formate, wie z.B. Office Dokumente oder PDFs können sog. Macros enthalten, die Schadsoftware beinhalten können. falls ihr Gerät wirklich aktuelle Software und Schutz gegen Schadsoftware enthält, so sollten sie in allen kritischen Fällen eine Warnung bekommen. Auf jeden Fall "böse" sind ausführbare Dateien (nicht nur .exe, es gibt viele Formate) und die sollten sie auf keinen Fall installieren.
Falls sie schon fast bereit sind, die Datei auf ihren Rechner zu laden oder eine angehängte Datei zu öffnen so gehen sie zur Sicherheit noch mal die 3 Schritte durch, die wir bei Links bereits hatten:
- Wie gut kenne ich den Adressaten
- Ist die Zusendung wirklich plausibel
- Ist das wirklich die Absenderadresse der Person oder der Firma (es gelten die gleichen Regeln wie oben: mail-google.com oder helpdesk-ebay.com sind keine legitimen Google oder Ebay Adressen! - Erklärung siehe oben)
Auch das BSI-fuer-Bürger hat eine Website zu Phishing.
Und hier ist eine (englische) aktualisierte Übersicht über Phishing-Tricks in 2023.