Spyware und Spy-Apps in der Familie und Beziehung
Philipp Schaumann - Letzte Ergänzungen: Juni 2022
Beziehungsrisiko: Spyware und Spy-Apps zum Tracking der (Ex-)Partner
Die Smartphones haben unser Leben gründlich verändert und bieten tolle Bequemlichkeiten. Leider bieten sie aber böswilligen Menschen auch tolle Möglichkeiten, Schaden anzurichten. Smartphones sind Computer, die wir immer bei uns tragen und die mit einer riesigen Menge von Sensoren ausgestattet sind. Wenn es jemand schafft, diese Sensoren heimlich zu aktivieren und über die Smartphone-Verbindungen deren Daten weiterzuleiten, so ist das Opfer dieser Aktivierung ziemlich transparent und offen.
Genau dafür gibt es leider eine große Menge Spionage-Apps für Handys. Mit deren Hilfe werden Standortdaten, Chat-Verläufe, Fotos und Gespräche des Opfers in Echtzeit überwacht und übertragen.
Der oben verlinkte Artikel berichtet über eine ganze Reihe von Anbietern solcher Apps. Der Markt besteht aus Eltern, die ihre Kinder überwachen wollen (zum Schutz der Kinder), aber auch Partner und Ex-Partner die eifersüchtig sind und vielleicht sogar überwachungssüchtige Arbeitgeber die auf diese Weise ihre Mitarbeiter kontrollieren wollen. Mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. beim Tracking der eigenen (!!) Kinder sind solche Überwachungen illegal, bzw. erfordern bei Arbeitnehmern die Zustimmung des Betroffenen.
Wie kommt die App auf das Smartphone? Bei Kindern und Mitarbeitern von Firmen ist das einfach: die App wird vor der Übergabe an das Kind oder den Mitarbeiter einfach installiert. Diese Apps schaffen es sehr oft, nicht in der Übersicht der Apps angezeigt zu werden. Die heimliche Installation auf dem Gerät eines Partners oder Ex-Partners ist nicht ganz so einfach. Dafür braucht der Angreifer den physischen Zugriff auf das Gerät und den Entsperrcode, was bei Partnern meistens kein Problem darstellt, da das Gerät oft unbeaufsichtigt herumliegt (z.B. beim Duschen) und die Weitergabe des Entsperrcodes (sofern überhaupt gesetzt) in vielen Partnerschaften als (unglücklicher) Vertrauensbeweis gilt.
Was kann der Angreifer auslesen? Das hängt von der Software (und manchmal auch von der Bezahlung) ab. Technisch kann auf (fast) alles zugegriffen werden was auf dem Gerät passiert: Standortdaten aufgenommene Töne, Bilder und Videos, Kontakt- und SMS-Datenbanken, die Anrufhistorie mit ein- und ausgehenden Nummern, Daten aus der Kalender-App sowie Browser-Verläufe und Bookmarks. Da die App Zugriff auf Mikrophone und Kamera bekommt, können auch Gespräche abgehört werden. Wenn das Gerät "gerootet" ist, dann geht noch viel mehr.
Bei Android wird das die Software (d.h. das APK-Paket) entweder via USB oder über den Download mit dem Browser installiert. Erforderlich ist auf jeden Fall der physische, entsperrte Zugang zum Gerät. Die Anbieter erläutern mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen, welche Sicherheitsbarrieren und Stealth-Modi aktiviert werden müssen, damit die App nicht sofort vom Betriebssystem entdeckt wird. mSpy nutzt auf iPhones ohne Jailbreak zur Datenausleitung das iCloud-Backup. Der Angreifer muss also die Apple-ID und das Passwort des Opfers kennen und iCloud-Backup heimlich aktivieren.
Und immer wenn man denkt, es könne nicht schlimmer kommen, dann gibt es noch was Neues. Der Artikel "Terabytes an Daten" aus Spionage-Apps frei zugänglich berichtet darüber, dass schlimmstenfalls nicht nur der Stalker Zugriff auf diese sehr persönlichen Daten hat, sondern natürlich üblicherweise auch die Firma die die App anbietet. Und wenn die nicht so ganz sicher unterwegs ist, so können sich diese Daten auch schon mal im öffentlichen Internet wiederfinden.
Wie kann man sich gegen Überwachungen durch Partner und Ex-Partner schützen?
Der Angreifer braucht 2 Sachen: er/sie muss das Gerät in die Hand bekommen, zumindest für 1 Minute und muss den Entsperrcode kennen.
Theoretisch ganz einfach: Jedes Smartphone ist gesperrt und der Partner kennt den Code nicht. So was kann natürlich als Misstrauensbeweis gewertet werden und außerdem ist das Entsperren bei einem 4- oder 6-stelligen Pin nicht wirklich schwer zu knacken, wenn man es beim Partner hundertmal gesehen hat. Wenn man Angst hat, dass jemand den Pin kennt, so sollte man ihn ändern - spätestens dann, wenn es in einer Beziehung krieselt und der Partner zu Eifersucht neigt.
Außerdem sollte man/frau sein Smartphone nicht rumliegen lassen, z.B. in der Kneipe oder wenn man auf einer Party ist und man zur Toilette geht. Männer haben dafür Hosentaschen, eine Frau im Kleid muss schauen, wo sie das Gerät hintut. In die Handtasche stecken die dann bei den Anderen zurückbleibt ist keine sichere Aufbewahrung.
Wie kann man sich wehren? Der Artikel sagt, dass sei nicht einfach. Wenn das Opfer zur Polizei geht, so muss das Handy dort für eine Untersuchung übergeben werden, ob man das möchte ist eine andere Frage. Wenn dann die illegale Software gefunden wird, so ist dies kein Beweis, dass eine bestimmte Person diese App installiert hat, da steht dann Aussage gegen Aussage.
Was immer hilft: "Factory Reset" nach Anleitung im Internet und dann dem Partner den Entsperrcode nicht mehr sagen. Aber da gehen natürlich alle Apps und Fotos etc., sofern die nicht anderseitig gesichert sind, verloren. Wenn eine Sicherung vorhanden ist (z.B. in der iCloud oder GoogleDrive), und diese Sicherung wird nach dem Reset wieder geladen, so ist auch die Stalking-App wieder drauf. D.h. es hilft nur ein komplettes Aufgeben der Daten die nicht anderweitig, z.B. auf einem Laptop gesichert sind oder werden.